„Rücken Sie vor bis auf Los“- Die entscheidende Spielkarte für mehr Selbstwirksamkeit
- sakonarski
- 3. Mai
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 6. Mai
„Rücken Sie vor bis auf Los“ – die Aufforderung einer Karte des wohl meist verkauften Spiels der Welt: Monopoly. Der Einsatz der Karte markiert den Neuanfang einer Spielrunde. Wenn ich an die vergangenen letzten Monate zurückdenke, beschreibt diese Ereigniskarte ganz gut, wie ich das letzte Jahr erlebt habe: Kündigung, Arbeitslosigkeit, die Suche nach dem Richtigen und alles in allem ein Neustart, der mir die Relevanz der Selbstwirksamkeit deutlich vor Augen hielt.
2019 war das Jahr, in dem ich anfing mich zu fragen: „War das schon alles? Wird mein Leben ab jetzt immer so aussehen?“. Vieles fühlte sich trüb an und die Sicht nach vorne wirkte blass-grau. Mir fehlten die Farben und die Lebendigkeit in meinem Leben. Der innere Antrieb, meinen Alltagstrott in etwas Neues zu verwandeln, packte mich vehement. Dazu gehörte auch, meinen Job in Public Relations zu hinterfragen, der bereits über einen längeren Zeitraum für viel Frust in mir sorgte.
Als Teil des mittleren Managements einer internationalen Kommunikationsagentur trug ich Verantwortung für mehrere Kunden-Accounts, für die Personalentwicklung innerhalb meines Teams und arbeitete an New Business Prospects. Am Ende des Monats traf zuverlässig ein solides Gehalt auf meinem Bankkonto ein. Der Blick zurück wirft eine Dekade an Berufserfahrung in der Kommunikationsbranche auf: Ich erlebte den Glamour an Mailands Laufstegen, und lernte die nicht so glamouröse Seite der Modeindustrie kennen. Ich zeigte Neugierde an der boomenden Technologiebranche bis mir klar wurde: hier passiert doch nicht so schnell so viel, wie ich bisher annahm. Und mit der Corona-Pandemie und dem wachsenden öffentlichen Interesse an Nachhaltigkeitsthemen, prägte auch dieser Fokus mein digitales Postfach.
Was für mich einst ein Beruf voller interessanter Begegnungen mit den unterschiedlichsten Charakteren und direktem Kontakt war, wandelte sich zu einem verstaubten Bürojob des mittleren Managements, bei dem sich die meisten Menschen aufgrund von Zeitmangel hinter einer E-Mail, dem Laptop oder sonstiger digitaler Tools versteckten. Ab einem bestimmten Zeitpunkt ging es hauptsächlich darum, um jeden Preis Teil der Informationsflut zu werden, um die wirtschaftlichen Zahlen anzukurbeln. Zum neuen Alltag gehörte das reine Abliefern einer hohen Performance bedingt durch multiple Zielsetzungen und das Managen der Kundenerwartungen, die wie im Akkord übers Ziel hinausschossen.
„Wofür setze ich meine Energie und Lebenszeit gerade ein?“ wurde zur brennendsten Frage aller Fragen.
Ein letzter Versuch
Obwohl der Abschied von diesem Arbeitsalltag nahelag, wollte ich meine bisherige Berufserfahrung nicht einfach so aufgeben. Vielleicht hatte ich auch Angst vor dem Schritt etwas Neues auszuprobieren. So startete ich einen letzten Versuch in der PR- und Agenturwelt mit Fokus auf Social Impact-Unternehmen. Auf die Kacheln zahlreicher virtueller Team-Meetings mit motivierten Menschen starrend, merkte ich nach erschreckend kurzer Zeit: Das ist es für mich einfach nicht mehr. Den Schritt der Kündigung bin ich jedoch nicht gegangen, denn ich hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte. Also saß ich es aus. Mein angestauter Frust wuchs weiter und die Schutzbarriere, diesen Frust nach außen hin zu zeigen, zerbröckelte im High-Speed-Modus. Es kam zu einem Konfrontationsgespräch, beide Seiten wussten es passt nicht, und letzten Endes wurde die Kündigung ausgesprochen.
Das Kündigungsschreiben versetzte mir einen unangenehmen Hieb. Es war ein Gefühl der Ablehnung, das ich hätte verhindern können, hätte ich schon eher die Reißleine gezogen und mich anderweitig beworben. Aber das große Fragezeichen über meinem Kopf und die Angst vor dem berühmten Schritt aus der Komfortzone heraus führte zum Stillstand.
Der Beginn meiner Arbeitslosigkeit markierte den Anfang einer wichtigen Phase. Sie zwang mich vom Gedankenkarussell ins Handeln zu kommen.
Auf zu neuen Ufern
Zunächst brauchte ich Abstand von jeglichen Bildschirmen, die die letzten zehn Jahre meinen Berufsalltag dominierten. Nach Feierabend waren meine Augen quadratisch und sahen verschwommen. Ich zweifelte oft an, ob ich noch am Leben teilnahm oder lediglich das Leben anderer beobachtete – wie beim Fernsehschauen. Also suchte ich mein Glück in der Natur und begann Hunde auszuführen. Mit einem zweijährigen Husky-Mädchen bewegte ich mich jede Woche für mehrere Stunden am Stück in den verschneiten Wintermonaten. Gestiefelt ging es bereits um 7 Uhr morgens los. Auch wenn sich schnell herausstellte, dass ich der Hundebetreuung nicht hauptberuflich nachgehen will, hat es meine Liebe zu Tieren aufs Neue gestärkt, und ich habe ein neues Hobby dazugewonnen.
Zur gleichen Zeit probierte ich diverse Tätigkeiten aus, die ich schon seit Längerem im Hinterkopf hatte: Zum Beispiel einen Minijob am Empfang eines Yoga-Studios, um einer Ausbildung zur Yoga-Lehrerin näher zu kommen. Ich machte also diese Ausbildung, und? Und stellte fest, dass die erwartete Leidenschaft, andere im Yoga zu unterrichten, ausblieb. Diese Erfahrung und das intensive Praktizieren von Yoga möchte ich nicht missen, allerdings wurde mir klar, dass ich einem Trend gefolgt bin, der mir vor allem über Social Media ins Hirn gespült wurde. Ob online oder offline, gefühlt jede Person hatte ein Zertifikat zur Yoga-Lehrerin in der Tasche. Ich nun auch. Lehrerin will ich, stand heute, zwar nicht werden. Ich packe allerdings eine neue Erfahrung in meinen Erlebniskoffer und löschte darüber hinaus meinen Social Media-Account, um mich von einigen Algorithmen zu lösen, die meine Entscheidungen bis dato erfolgreich beeinflussten.
Es folgte ein Ehrenamt, das ich bis heute ausführe. Während der Corona-Zeit verschlang ich Artikel über die Auswirkungen der Restriktionen auf die mentale Gesundheit von Kindern. Und da ich selber als Erwachsene zu dieser Zeit an der Situation zu knabbern hatte, war es mir besonders wichtig, mich für die mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen stark zu machen.
In mir wuchs schnell das Bedürfnis heran, meine Stärken dort einzusetzen, wo anderen geholfen wird. Die neu gewonnene Motivation brachte das große Fragezeichen über meinem Kopf ins Wanken, und ich fand einen Job, bei dem ich direkt mit Kindern zusammenarbeitete.
Lange Rede, kurzer Sinn - Was ich aus dem letzten Jahr gelernt habe?
Einfach mal machen. Gerne über die nächsten Schritte Nachdenken, aber auch ins Handeln kommen. „Jeder ist seines Glückes Schmied" sagt man doch so schön. In diesem fast einem Jahr der Arbeitslosigkeit setzte ich viele Dinge um, über die ich schon lange nachdachte, sie jedoch immer wieder in die Zukunft aufschob.
Und doch brauchen die Dinge Zeit, sich zu entwickeln. Ich befinde mich noch mitten auf meiner beruflichen Reise, spüre aber intuitiv, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Ganz nach dem Motto „Der Weg ist das Ziel", um eine weitere Lebensweisheit einzuwerfen.
Etwas Neues entsteht, meine Selbstwirksamkeit erwacht aus dem Winterschlaf. Dafür musste ich nochmal auf Los vorrücken und einen Neustart hinlegen - auch, wenn es sich zunächst wie ein Rückschritt anfühlte.
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